Das Wissen um die Hochsensibilität bahnt sich seit einigen Jahren seinen Weg, so dass ein Teil der Kinder in einer familiären Umgebung aufwachsen, die mit den ‚Eigenheiten‘ dieses Wesenszuges umgehen kann. Dennoch gibt es viele Kinder, vielleicht sogar noch der überwiegende Teil, die einfach anders sind, wo das nahe Umfeld und die Schule dieses ‚anders sein‘ nicht einordnen kann. Wenn die Familie schon nicht mit dem Wesen ihres hochsensiblen Kindes umgehen kann, wird sie mit Beginn der Pubertät oft auf eine harte Probe gestellt.
Es passiert oft, dass Eltern dann das Gefühl haben, ein extrem schwieriges Kind zu haben, welches launisch und gereizt ist – Mädchen oftmals mehr als Jungen. Auch hier muss man dazu sagen, dass bei den hochsensiblen Kindern, genauso wie bei allen anderen Kindern, in der Pubertät die Intensität, wie sie diese erleben, unterschiedlich ist.
Die Pubertät beginnt bei Mädchen mit acht bis neun Jahren. Jungen kommen etwas später in diese Phase, bei ihnen beginnt die Zeit der Veränderungen ab neun bis elf Jahren. Es ändert sich jetzt nicht nur äußerlich einiges, sondern es beginnt ein auf und ab der Gefühle.
Und was ist schuld daran? Richtig, die Hormone.
Bei Mädchen beginnt der Körper Östrogene, Progesteron und auch Testosteron zu bilden, bei den Jungen ist es hauptsächlich Testosteron. Diese Hormone schwanken noch ordentlich und bringen viel durcheinander. Plötzlich ist alles anders als sonst. Gut, bei hochsensiblen Kindern ist sowieso schon vieles anders als bei anderen Kindern, jetzt wird das Ganze noch etwas schwieriger.
Die Unsicherheit vieler hochsensibler Kinder, weil ihnen vielleicht oft gezeigt wird, dass sie nicht richtig sind, so wie sie sind, wird jetzt noch mit körperlichen und psychischen Veränderungen ergänzt.
Bei den Mädchen beginnen die Brüste zu wachsen, die Hüften werden breiter, die Intimbehaarung und die Behaarung an Beinen, Armen, Achseln etc. beginnt. Später kommt die Menstruation hinzu.
Bei den Jungen wachsen die Hoden und der Penis und auch bei ihnen beginnen Haare im Intimbereich sowie an Armen, Beinen und Achseln zu wachsen.
Alles beginnt zu nerven, das pubertierende Kind wird sich selber fremd. Ein enormer Stress für hochsensible Kinder.
Kommen wir zu den Hormonen.
Östrogene (Mädchen), sie sorgen zum einen für einen weiblichen Körper, ihr Ungleichgewicht in der Pubertät sorgt aber auch für Stimmungsschwankungen. Da ist zum einen die rosarote Brille und dann plötzlich die Wut. Ein Zuviel macht emotional, unsicher und erhöht die Traurigkeit.
Progesteron (Mädchen), eigentlich das Chill-Hormon im weiblichen Körper. Für reizüberflutete hochsensible Mädchen ein eher nützliches Hormon, ist es aber im Ungleichgewicht bewirkt es, dass die Mädchen schnell gereizt sind und schneller weinen. Ein zu viel macht müde und alles steht auf Rückzug.
Testosteron (Mädchen und Jungen), steht eigentlich für Selbstbewusstsein und Tatkraft. In der Pubertät, in der alle Hormone noch starken Schwankungen unterliegen, führt dieses Hormon zu Aggressionen und Gereiztheit.
Die Ruhezeiten und das Schlafbedürfnis, die bei Hochsensiblen an sich höher sind, werden durch die Pubertät noch einmal erhöht.
All diese hormonellen Auswirkungen auf den Körper und die Psyche der Pubertierenden macht Stress. Den Kindern stellen sich häufig Fragen nach ihrer Identität und nach dem Sinn des Lebens. Tiefgründige Fragen, die Hochsensiblen nicht fremd sind.
Wir merken also, dass die Hormonschwankungen viele Eigenheiten hochsensibler Kinder noch verstärken. Ob hochsensibel oder nicht, pubertierende Kinder können nichts für ihre schwierige Phase, sie leiden selbst oft darunter. Umso wichtiger ist es, schon den kleinen hochsensiblen Kindern zu zeigen, dass sie nicht falsch sind, so wie sie sind. Ihr Wesenszug ist völlig normal. Wenn hochsensible Kinder sich als völlig normal ansehen, schaffen sie die schwierige Phase der Pubertät ohne die doppelte Herausforderung.
Später erleben viele Mädchen dieses durcheinander der Hormone noch einmal, wenn sie als Frau in die Wechseljahre kommen. Auch hier kann es hochsensible Frauen stärker treffen. Dies ist aber Thema eines eigenen Artikels.
Hinweis: Dieser Artikel erschien auch im Netzwerk Hochsensibilität
(© Petra Nadolny 2024)
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